Pressearchiv (2005 - 2020)

»Der Lärm stört ungemein das Leben«

von Bi-Bahntrasse

»Der Lärm stört ungemein das Leben«

(BZ vom 24. April)

Studierende der Hochschule Offenburg über ihre Plakataktion zum Bahnausbau

Öffentliche Präsentation am 24. Mai

VON HUBERT RÖDERER

Offenburg. 75 Erstsemester des Studiengangs Medien und Informationswesen an der Hochschule Offenburg entwarfen auf Initiative ihres Dozenten, Professor Ralf Lankau, Plakate, die sich mit den Themen Bahn und Lärm und 3. und 4. Gleis beschäftigen. Einige Entwürfe sind so gelungen, dass sie nun auch »im richtigen Leben« zum Einsatz kommenden werden: Die Offenburger Bürgerinitiative Bahntrasse (BI) will sie in Offenburg und Umgebung aufhängen.
Die durch den Ausbau der Rheintalbahn drohende Zunahme des Lärms entlang der Bahnstrecke hat auch die Studentenschaft an der Hochschule Offenburg erreicht. Mit Eifer haben sie im vergangenen Semester 70 Plakate entworfen. Auf Wunsch der BI sollen nun einige im Straßenraum auf das drohende akustische Unheil aufmerksam machen. Laut Professor Lankau könnten einige sogar im südbadischen Raum an Häusern und Bäumen prangen — dann, wenn auch die anderen Anti-Bahnlärm-IGs daran Gefallen finden. Am 24. Mai werden die Entwürfe bei einer Vernissage im KiK (Kultur in der Kaserne) in der Weingartenstraße vorgestellt. Die BZ befragte einige der Studenten nach Interesse und Motivation, sich auf die Plakat-Aktion einzulassen.

Paula Glaser, 20, aus Achern-Fautenbach, Berufsziel: Produktion/Redaktion bei TV/Film: »Ich wohne seit drei Monaten direkt an der Bahntrasse in Offenburg und habe inzwischen die Erfahrung gemacht, dass normale Gespräche bei offenem Fenster fast nicht mehr möglich sind, wenn ein Zug vorbeifährt. Wenn das jetzt noch häufiger wird, und das scheint ja in Planung zu sein, kann ich mir schon vorstellen, dass einen das im wahrsten Sinne des Wortes fertig machen kann.
Auch den Umgang der Bahn mit den Protesten und den fast nicht mehr von der Hand zu weisenden Gegenargumenten zur Trasse finde ich nicht in Ordnung. Etwas so Offensichtliches weiterhin zu ignorieren und von der Hand zu weisen ist nicht sehr intelligent. Umso bewundernswerter finde ich den Einsatz der Bürgerinitiative.«

Markus Merkel, 24, Baden-Baden: »Ich komme aus einer Stadt, in der ausschließlich Stadtbahnen fahren. Als ich zum Studieren nach Offenburg kam, ist mir sofort der Güterverkehr aufgefallen. Das Offenburger Stadtbild ist komplett davon geprägt. Aus eigener Erfahrung habe ich erlebt, wie es sich genau neben den Schienen lebt. Der Lärm stört ungemein das Leben — in der Wohnung genauso wie auf Balkon oder Terrasse.«

Christian Iannarone, 22, aus Müllheim (Baden), Berufsziel: Regisseur: »Lärm in Städten sollte verhindert werden, vor allem wegen der Kinder und Schüler, die geschützt werden müssen. Die Bahnentscheidung finde ich überheblich und undemokratisch. Das Plakate-Projekt finde ich gut, weil hier ein Medium und so eine Öffentlichkeit für das Volk geschaffen wird.«

Matthias Lusch, 23, aus Willstätt, Berufsziel: Medienschaffender im Bereich Print/Web: »Lärm: Muss wohl unerträglich sein für die Anwohner. Selbst bin ich nicht davon betroffen, kann aber die Verbitterung in der Bevölkerung nachvollziehen. Plakatprojekt: Es war interessant, einen aktuellen Bezug aufzugreifen anstatt nur einen Plakatentwurf für ein fiktives Thema zu erstellen. Bahn: Rücksichtslose Bauvorhaben von Seiten der Bahn dürfen nicht einfach hingenommen werden.«

Florian Kraus, 23, aus Schramberg. Berufsziel: Projektmanagement/Politiker: »Die Aufgabe, als Projektarbeit im ersten Semester ein Plakat zum Thema der geplanten Bahntrassenerweiterung durch Europa und speziell durch Offenburg anzufertigen, fand ich interessant. Einige Mitglieder der Bürgerinitiative Umweltschutz erzählten von der Problematik des Lärms für die Anwohner. Als solcher bin auch ich direkt betroffen und werde Nacht für Nacht gestört. Wissenschaftliche Studien beweisen, wie schädlich Lärm für Lebewesen ist. Darum kann ich auch nicht verstehen, wieso das Unternehmen Deutsche Bahn AG sowie die Politik eine stark befahrene Bahntrasse mitten durch Wohngebiete und an Schulen und Kindergärten vorbei überhaupt erwägt.«

Paul Dreßler, 21, aus Gundelfingen. Berufsziel Gestalter: »Als Pendler zwischen Freiburg und Offenburg bekomme ich entsprechend viel vom Lärm der vorbeifahrenden Güterzüge mit (wenn ich am Bahnhofe stehe). Das ist unangenehm, aber ertragbar, da die Züge nicht pausenlos vorbeifahren und ich nicht ständig in Bahnnähe bin. Die Vorstellung, dass diese Lärmbelastung mit der geplanten Trasse um ein Vielfaches wächst, wenn die Züge schwerer, länger sind und unter anderem viel öfter fahren, ist nicht zumutbar. Offenburg wird dauerhaft zerschnitten. Die Aktion ist ja keine kurzfristige Lösung, sondern eine dauerhafte. Da ist eine Billiglösung nicht duldbar.«

Veronika Tomasu, 20, aus Waldshut-Tiengen, Berufsziel: Regisseurin: »Vor der Plakataktion hatte ich noch nie von der Problematik des Bahnlärms in Offenburg gehört. Wenn man hier wohnt, bekommt man es allerdings schnell mit, wenn man zum Beispiel die Protesttafeln entlang der Bahntrasse sieht. Am schlimmsten betroffen sind wahrscheinlich die Schulen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie dort noch unterrichtet werden sollte, wenn die zusätzlichen Gleise tatsächlich gebaut werden.«

Andreas Schuler, 21, aus Kirchzarten, Berufsziel Gestalter: »Die Bahntrasse durch Offenburg mindert die Lebensqualität, nicht nur der direkten Anwohner. Ein Tunnel im Westen wäre eine gute Lösung für Offenburg, da so der Lärm fern gehalten wird. Ich habe mich gerne für das Plakat-Projekt eingesetzt, um aktiv mitwirken zu können.«

Alexander Benz, 21, aus Ohlsbach, Berufsziel: Grafik-Designer/Mediengestalter: »Die Plakataktion fand ich sehr gelungen, da wir die Möglichkeit hatten, unsere eigene Meinung darzustellen. Durch die Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative war die Aussicht auf eine öffentliche Präsentation zusätzliche Motivation. Da die geplante Baumaßnahme der Bahn eine große Anzahl von Menschen betrifft, war ich auch gleich eher dagegen, auch wenn die Verlegung von Güterverkehr auf Schienen grundsätzlich positiv ist. Die dadurch entstehende Lärmbelastung finde ich, da bereits jetzt jetzt schon eine starke Belastung stattfindet, unverantwortlich für die Betroffenen.«

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