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A-3-Trasse wird teurer als geplant

von Bi-Bahntrasse

A-3-Trasse wird teurer als geplant

Messergebnisse für Bahngraben liegen vor: Bahn muss für Erschütterungs- und Schallschutz sorgen / Mehrkosten 20 Millionen Euro

VON HELMUT SELLER

Offenburg. Aufgrund ihrer Messungen im vergangenen Jahr muss die Bahn im Offenburger Bahngraben einen Erschütterungsschutz einbauen. Die A-3-Trasse wird dadurch um mindestens 20 Millionen Euro teurer als geplant. Weil die Bahn aufgrund dieses Eingriffs auch den Bestandsschutz verliert, ist sie zu Lärmvorsorge gezwungen: den Bahngraben sollen künftig drei bis fünf Meter hohe Schallschutzwände säumen.
Zwischen zwölf und 15 Aktenordner umfassen die Planungen für den Ausbau der Rheintalbahn bei Offenburg. Die als Abschnitt 7.1 bezeichnete Strecke reicht von nördlich des Bahnhofs bis Hohberg. »Zurzeit werden bei uns unter Hochdruck die Unterlagen zusammengestellt«, sagt Bahnsprecher Michael Breßmer. Ende April soll der Antrag auf Planfeststellung beim Eisenbahnbundesamt eingereicht werden. Die Behörde prüft die Unterlagen und übergibt sie dann ans Regierungspräsidium Freiburg, das voraussichtlich um den Jahreswechsel das Planfeststellungsverfahren eröffnen und die Offenlage einleiten wird. Zwei Wochen lang können die Unterlagen eingesehen werden, anschließend folgt eine ebenfalls zweiwöchige Einwendungsfrist. »Wir rechnen mit einem langen Zeitraum, um die Einwendungen zu sichten«, sagt Christophe Jacobi, Projektleiter für den Bahnausbau zwischen Karlsruhe und Basel. Zum Vergleich: Im Abschnitt Herbolzheim – Riegel gingen 5500 Einwendungen von Privatleuten ein, im Abschnitt Ettenheim – Herbolzheim rund 7000, beim Katzenbergtunnel stolze 23.000. Nach einem mehrtägigen öffentlichen Erörterungstermin erwartet Christophe Jacobi den Planfeststellungsbeschluss für Offenburg 2010/2011. Wann mit dem Bau begonnen wird, stehe noch nicht fest.
Bislang spielt der von Offenburg gewünschte Güterzugtunnel in den Planungen der Bahn keine Rolle. Bekannt ist aber, dass das Regierungspräsidium den Tunnel von Amts wegen einbringen will. Dann werde man sich vertieft mit dem Thema befassen, so Jacobi: »Das Verfahren ist noch vollkommen offen.« Die endgültige Trassenentscheidung trifft das Eisenbahnbundesamt.
Auch dass das Land nun ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, um die voraussichtlichen Zugzahlen bis 2025 zu ermitteln, hat aktuell keine Bedeutung: »Für uns sind das noch keine Fakten«, sagt Christophe Jacobi. Berücksichtigt würden die im Bundesverkehrswegeplan enthaltenen Zugzahlen für den Zeitraum bis 2015. Wenn sich im Verfahren die gesetzlichen Vorgaben änderten, sei man indes gehalten, dies zu berücksichtigen, solange es noch keinen Planfeststellungsbeschluss gibt: »Alles, was bis 2010 kommt, fließt also noch mit ein.«
Fest steht bereits, dass die Bahn im Offenburger Bahngraben massiver eingreifen wird, als bislang bekannt war. Die bisher auf 180 bis 200 Millionen Euro veranschlagten Kosten für die A-3-Trasse steigen damit weiter. Jacobi veranschlagt rund 20 Millionen Euro zusätzlich. So seien neue Weichen nötig, um Güter- und Personenzüge sowie Nah- und Fernverkehr »entmischen« zu können. Vor allem aber hätten die Erschütterungsmessungen im vergangenen Sommer ergeben, dass die Bahn Erschütterungsschutz an den Gleisen vorsehen muss. Zu einem ähnlichen Fazit dürften entsprechende eigene Messungen der Stadt gekommen sein, die am 26. März dem Gemeinderat vorgestellt werden. Für die Bahn bedeutet dies, dass sie durch den notwendigen Eingriff den Bestandsschutz verliert und dann verpflichtet ist, nach den neuesten Bestimmungen zu bauen. Das heißt auch, dass die Gleisabstände vergrößert werden müssen. Weil eines der fünf und stellenweise sechs Gleise im Bahngraben wegfallen kann, reicht die vorhandene Breite aus. Sicher ist, dass bei einem Bau der A-3-Trasse auf die Offenburger erheblich stärkere Belästigungen durch die Bauarbeiten zukommen, als bisher angenommen. »Dafür wird es für die Betroffenen am Ende aber leiser werden«, so Jacobi. Denn die Bahn sei gehalten, nicht nur eine Lärmsanierung zu machen, sondern die so genannte Lärmvorsorge umzusetzen. Das freilich bedeutet unter anderem, dass beiderseits entlang des Bahngrabens senkrechte Schallschutzwände mit Höhen von drei bis teils sogar fünf Meter ab Straßenniveau eingebaut werden. »Wir versuchen das so gut wie möglich zu integrieren, wissen aber auch, dass die Gegner gute Argumente haben.« Baubürgermeister Dieter Eckert etwa spricht von einer »Zerschneidung und Zerstörung des gewachsenen Stadtbildes«, die man nicht hinnehmen wolle, bloß weil die Bahn »mit Gewalt ihre Planungen durchdrückt.«
 
UNTER UNS
Natürlich ist ein Güterzugtunnel durch Offenburg mit 665 Millionen Euro immer noch drastisch teurer, als die von der Bahn verfolgte Trasse mitten durch die Stadt. Doch der Abstand schrumpft – wenigstens ein bisschen. Messungen haben jetzt bestätigt, was jeder, der schon mal im Bombay oder in der Zauberflöte saß, ohnehin weiß: Die Erschütterungen am Bahngraben sind gewaltiger als erlaubt. Doch wirklich erschütternd ist das, was auf Offenburg zurollt, wenn die A-3-Trasse tatsächlich verwirklicht wird: bis zu fünf Meter hohe Schallschutzwände, wo heute noch schöne schmiedeeiserne Geländer den Bahngraben flankieren. Wie so etwas aussieht, lässt sich etwa im Zug nach Baden-Baden auf Höhe Sinzheim vor Augen führen – schrecklich. Einzig die Graffiti-Szene dürfte daran ihre Freude haben. Fazit: der Güterzugtunnel muss her. Koste es, was es wolle.

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