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Bahn A3: »Das ist ein Skandal!«

von Bi-Bahntrasse

Bahn A3: »Das ist ein Skandal!«

Bürgermeister und BI der Region sind wütend über Berlins Bekenntnis zum Ausbau der Rheintalbahn

VON KARL-HEINZ ZURBONSEN

Schock bei Bürgermeistern, Bürgern und Bürgerinitiativen am südlichen Oberrhein: Die dringend gewünschte Verbesserung des Lärmschutzes an der neuen Rheintalbahn kommt nicht. Der Bund weigert sich zurzeit, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für mehr Lärmschutz zu schaffen. Der Schienenbonus wird vorerst nicht abgeschafft. »Die ganze Region soll für dumm verkauft werden«, schimpfte Adalbert Häge (Freiburg) von der Interessengemeinschaft Bohr.
Die Bürger spüren nach Einschätzung der Bürgerinitiative, dass ihre Anliegen und Vorstellungen zur Verbesserung von Linienführung und Lärmschutz bei Bund und Bahn gar nicht oder nur unzureichend wahrgenommen werden. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Karin Roth, habe stets gesagt, die Anliegen der Bürger am Oberrhein ernst zu nehmen, so Häge. Die Region habe es nicht verdient, dass die Staatssekretärin jetzt plötzlich am Schienenbonus festhalte und die Planungssicherheit für die Rheintalbahn der Gesundheit der Menschen vorziehe. Häge: »Das ist ein Skandal!«
Der Bund will den Bau des dritten und vierten Gleises auf der Rheintalbahn zwischen Offenburg und Basel offenbar wie geplant durchführen. »Aus Gesichtspunkten der Planungssicherheit würde eine Änderung der Rechtsgrundlagen das Risiko einer erheblichen Verlängerung laufender Planfeststellungsverfahren beinhalten«, schrieb Roth an den Regionalverband Südlicher Oberrhein. Die Forderungen nach einer Neubewertung des Schienenbonus würden zwar wissenschaftlich untersucht, doch wissenschaftliche Erkenntnisse aus entsprechenden Studien lägen noch nicht vor.

Eigener Gesetzentwurf
Für Ende November kündigte der Regionalverband Südlicher Oberrhein einen eigenen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Lärmschutzes am Oberrhein an. Ein namhafter Umweltrechtler sei beauftragt worden, eine Alternative zum Schienenbonus zu erarbeiten. Verbandsdirektor Dieter Karlin sagte, es sei Aufgabe des Regionalverbandes, konstruktiv an den aufgeworfenen Fragen mitzuwirken.
Auf Roths Stellungnahme reagierten betroffene Kommunal- und Regionalpolitiker ausgesprochen wütend. Offenburgs Baubürgermeister Dieter Eckert nannte das Berliner Bekenntnis zum Schienenbonus »erstens einen Zynismus und zweitens einen Skandal«. Es könne und dürfe doch nicht sein, dass dem Bund die Erkenntnisse der laufenden wissenschaftlichen Studien »eigentlich egal« seien. Auch das Bundesverkehrsministerium müsse doch wissen, dass Offenburg mit den aktuellen technischen Möglichkeiten nicht wirksam vor dem Lärm des Güterverkehrs geschützt werden könne. Eckert vermutete, dass der Bund am Schienenbonus aus wirtschaftlichen Gründen festhalte.

Nicht berücksichtigt
Herbolzheims Bürgermeister Ernst Schilling kritisierte die Stellungnahme, die geeignet sei, das Bahnprojekt insgesamt zu schädigen. »Die Akzeptanz der Bürger ist nicht mehr gegeben, wenn sie den Eindruck haben müssen, dass ihre Anliegen überhaupt nicht berücksichtigt werden«, sagte Schilling. Noch nie sei die Region so hochkarätig in der Bundespolitik wie jetzt vertreten gewesen. »Trotzdem habe ich den Eindruck, dass wir nicht ausreichend wahrgenommen werden«, beklagte der Bürgermeister Herbolzheims.
Kenzingens Schultes Matthias Guderjan registrierte bereits den »Verlust des Konsens für diese Maßnahme«. Der Brief von Roth erfordere eine gemeinsame und klare Antwort von Region und Politik am Oberrhein. Mehr Einsatz für die Rheintalbahn erwarten die Bürgermeister und Bürgerinitiativen vor allem von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (Gengenbach), Staatsminister Gernot Erler (Freiburg) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger.

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