Pressearchiv (2005 - 2020)
16 Kilometer Schallschutz entlang A 3
von Bi-Bahntrasse
16 Kilometer Schallschutz entlang A 3
(BZ vom 16. Mai)
Bahnplaner sehen vier Gleise mitten durch Offenburg als beste Trasse und versprechen geringere Lärmbelastung / Stadt enttäuscht
VON UNSEREM REDAKTEUR HELMUT SELLER
Offenburg. Fast 16 Kilometer lange Schallschutzwände werden die 8,7 Kilometer lange A 3-Trasse mitten durch Offenburg säumen, für die die Bahn AG jetzt den Antrag auf Planfeststellung gestellt hat. „Wir haben die A 3-Trasse als die bessere gesehen”, so Projektleiter Jacobi. Während die Bahnplaner eine deutlich geringere Lärmbelastung versprechen, herrscht bei der Stadtverwaltung große Enttäuschung. „Man lässt den Güterzugtunnel und unsere Einwände in Sachen Lärm- und Erschütterungsschutz einfach links liegen”, sagt Bürgermeister Dieter Eckert.
15 dicke Aktenordner umfassen die Planungen der Bahn AG für den Ausbauder Rheintaltrasse mit vier parallelen Gleisen durch Offenburg. Für den Abschnitt, der bahnintern unter „Abschnitt 7.1 Offenburg-Hohberg” läuft, wurde wie berichtet am 4. Mai der Antrag auf Planfeststellung beim Eisenbahnbundesamt eingereicht. „Unter Berücksichtigung aller Faktoren ist der Güterzugtunnel nicht die bessere Variante”, stellte Projektleiter Christophe Jacobi gestern klar. Die Bahn habe unter 17 geprüften Trassenvariante die A 3-Trasse verfolgt, nachdem sie 2002 in einem Raumordnungsverfahren als die umweltverträglichste Lösung eingestuft worden sei. Jacobi präsentierte gestern Eckdaten der jetzt beim Eisenbahnbundesamt eingereichten Planungen im Offenburger Rathaus und am Nachmittag in Karlsruhe vor der Presse.
Bei der Stadtverwaltung hinterließen die Bahnplaner zwar nicht die gewünschten 15 Order mit den Unterlagen, dafür aber einen klaren Eindruck: „Wir fühlen uns mit unseren Forderungen nicht ernst genommen”, sagte Bürgermeister Eckert gegenüber der BZ.
„Die Betroffenheit ist in Offenburg am größten.”
Projektleiter Jacobi über den Ausbau der Rheintalbahn
Das jetzige Vorgehen stehe in klarem Widerspruch zu den Aussagen von Bahnchef Mehdorn gegenüber OB Schreiner. Eckert sieht sich in seiner Forderung bestätigt, so schnell wie möglich die gesamten Planungsunterlagen zu bekommen. Das wird, wie Projektleiter Jacobi gestern deutlich machte, jedoch erst nach Prüfung durch das Eisenbahnbundesamt möglich sein. Schon öfter habe die oberste Eisenbahnbehörde noch Korrekturen der Planungen verlangt. So lange müsse die Stadt sich noch gedulden.
Christophe Jacobi ließ gestern keinen Zweifel daran, dass er die Offenburger Probleme sehr wohl wahr nimmt: „Für mich ist das der sensibelste Bereich an der ganzen Strecke, weil hier die Betroffenheit am größten ist.” Offenburg sei historisch betrachtet eine Eisenbahnerstadt, der Bahngraben gehöre zum Stadtbild.
Dass sich dieses Stadtbild durch den jetzt verfolgten Bau der A 3-Trasse massiv verändern wird, steht außer Frage: Entlang der 8,7 Kilometer langen und künftig viergleisigen Strecke wird die Bahn alles in allem 15.800 Meter Schallschutzwände in unterschiedlicher Höhe errichten. Im Bahngraben werden die Gleise komplett erneuert und wird Erschütterungsschutz eingebaut. Entlang der Wilhelmstraße werden die Lärmschutzwände 3,80 Meter über das Straßenniveau ragen. Um dies zu kaschieren soll die Stützmauer im Bahngraben erhöht und seitlich aufgefüllt werden. Die dadurch gewonnene Grünfläche soll zwischen Gehweg und Lärmschutzwand gestuft angelegt werden. Ähnliches ist auf der Seite gegenüber geplant. Im Bahngraben werden alle Gleise erneuert und wird ein Erschütterungsschutz eingebaut. Im Bereich Hildboltsweier/Albersbösch werden vier bis 4,50 Meter hohe Schallschutzwände die Strecke säumen. Damit werde im trassennahen Bereich eine Lärmreduzierung um teils mehr als zehn Dezibel(A) erreicht, was einer Halbierung des empfundenen Lärms entspricht. Laut Karl-Heinz-Demberg vom DB-Flächenmanagement müssen 25 Anwesen der A 3-Trasse weichen, elf hat die Bahn bereits gekauft.
„Man lässt unsere Einwände einfach links liegen.”
Dieter Eckert, Baubürgermeister über das Vorgehen der Bahn
Trotz der aktiven Schallschutzmaßnahmen werden in manchen Bereichen dennoch nachts die Grenzwerte überschritten. Weil sich Schallwellen über die Schutzmauern hinweg seitlich nach oben ausbreiten, werden vor allem die oberen Stockwerke betroffen sein. Hier will die Bahn gegebenenfalls durch passiven Lärmschutz Abhilfe schaffen. Das kann der Einbau von Schallschutzfenstern sein, eine Dämmung von Dächern oder auch der Einbau von Lüftungsanlagen. Das Fazit für Bahn-Sprecher Michael Breßmer: „Trotz mehr Verkehr verbessert sich die Situation.“
Und was passiert, wenn nicht mehr die für 2015 prognostizierten Zugzahlen als Basis gelten, sondern Hochrechnungen bis 2025, wie sie das Land erstellen läßt? „Dann müssen wir nachrechnen”, so Christophe Jacobi. Ein „K.o.-Kriterium” für die A 3-Trasse sei deshalb allerdings nicht zu erwarten. „Die Erhöhung wird nur marginal sein.” Allenfalls beim passiven Schallschutz werde die Bahn möglicherweise etwas stärker gefordert sein.
Bleiben die Kosten: 180 Millionen sind für die A-3-Trasse veranschlagt, zusätzliche 15 Millionen Euro für eine Absenkung um sechs Promille im Bereich Reichenberger Weg/Albersbösch/Hildboltsweier wurden vom Eisenbahnbundesamt bereits genehmigt. Hinzu kommen weitere Kosten unter anderem für die Erneuerung des Bahngrabens, den Abriss und Neubau der Zähringer Brücke und der Zauberflötbrücke sowie den passiven Schallschutz. „Die Zahl wird erst noch ermittelt”, sagte Chrisophe Jacobi gestern. Er schätzt die Mehrkosten grob auf 15 bis 30 Millionen Euro. Selbst bei einer so verteuerten A 3-Trasse geht die Bahn nach wie vor davon aus, dass der Güterzugtunnel 500 Millionen Euro teurer kommt. Zudem sei – etwa im Bereich des Okengymnasiums – bei einem Güterzugtunnel mit Erschütterungen zu rechnen.
Und wie geht es weiter mit der Tunnelforderung? Die Stadt kann und wird ihn im Rahmen der Einwendungen einbringen. Ihrem Wunsch nach einer frühen Bürgerinformation will die Bahn laut Jacobi nachkommen. Zudem werden die Pläne am Montag, 21. Mai (17.15 Uhr im Salmen) auch im Gemeinderat erörtert.
Streckenlänge: 8,7 Kilometer
Eisenbahnüberführungen (Bahn über Straße/Gewässer): 11
Straßenüberführungen: 7
Durchlässe: 9
Schallschutzwände: 15,8 Kilometer
Verbesserung der Lärmsituation durch Schallschutz: 3 bis 10 dB(A)
Kosten: 195 Millionen mit Absenkung um 6-7 Promille
plus noch unbekannte Kosten für Bahngraben-Umbau