Pressearchiv (2005 - 2020)

Rechtfertigung in Offenburg

von Bi-Bahntrasse

Rechtfertigung in Offenburg

Oettinger und die Rheintalbahn: Ab 2007 steigt das Engagement

VON ANDREAS RICHTER

Lange schon rumort es in Südbaden. Die Pläne der Bahn zum Bau des dritten und vierten Gleises zwischen Offenburg und Basel erzeugen mehr und mehr Widerstand entlang der Ausbaustrecke – Bürgerinitiativen mobilisieren den Protest der Betroffenen, Südbadens Politik ist längst auf den Protestzug aufgesprungen. In Berlin verhallt der Protestruf indes weitgehend ungehört. Und in der baden-württembergischen Landespolitik?
Der Druck auf die schwarz-gelbe Regierung in Stuttgart wächst. Nicht nur dass die Bürger in den in der Planung befindlichen Teilstrecken das Regierungspräsidium in Freiburg mit einer Flut von um die 20.000 Einsprüchen lähmen, immer mehr Gremien warten mit Resolutionen auf. Letzter Coup: der »Gesetzgebungsvorschlag« der Regionalverbände aus Freiburg und Waldshut-Tiengen, die den so genannten Schienenbonus (das heißt: Die Bahn darf mehr Krach machen als andere) deutlich modifiziert sehen wollen. Prompt schlossen sich der Ortenauer Kreistag und der Offenburger Gemeinderat an.
Gestern nun hatte die südbadische CDU Südbadens Bürgermeister, Landräte und Bürgerinitiativen zu einem als »Bahngipfel« apostrophierten Treffen nach Offenburg geladen. Auch Ministerpräsident Günther Oettinger reiste in die badische Provinz – es war das erste Mal, dass er sich deutlich wahrnehmbar mit dem Protest seiner südbadischen Landsleute befasste.
Befürchtung entkräftet

Oettinger hatte sich in den vergangenen Monaten so manche Schelte aus dem Badischen eingefangen. Insbesondere war sein Engagement für die »Stuttgart 21« genannten Pläne zur Untertunnelung des Stuttgarter Hauptbahnhofs (Kosten: 2,8 Milliarden Euro) gar nicht gut angekommen. Von einem »Schlag gegen Südbaden« war da die Rede, und mancher stellte die »Baden-Frage« neu: Die Befürchtung – die Oettinger gestern in Offenburg zu entkräften versuchte – war, dass bei einer Verwirklichung des schwäbischen Vorzeigeprojekts kein Cent mehr übrig bleibt, um den Ausbaustandard der Rheintalbahn zu verbessern. Die Kritik betrifft den Lärmschutz, die Streckenführung und die Zahl der Züge, mit der die Bahn kalkuliert.
Der Landesvater vermied gestern zwar konkrete Festlegungen. Aber er stellte in Aussicht, den Protestlern künftig unter die Arme zu greifen. Einen großen runden Tisch will er organisieren, und er will nach seiner eigenen Ankündigung ausloten, ob sich im Bundesrat und der schwarz-roten Bundesregierung Mehrheiten für eine Modifikation des Bahrbonus finden lassen. Ansonsten blieb Oettinger vage.
Sein Auftritt in Offenburg diente auch der Rechtfertigung. Sein in der Vergangenheit vehementes Eintreten für »Stuttgart 21« erklärte er damit, dass die Bundesregierung bis Mai 2007 darüber entscheiden müsse, welche transeuropäischen Projekte zur Förderung bei der EU beantragt werden sollen. Die Magistrale von Paris nach Budapest – via Stuttgart – zählt dazu. Diese Angelegenheit sei »wichtig und eilig«, sagte Oettinger. Den Ausbau der Rheintalbahn bezeichnete der Ministerpräsident allerdings als »ebenso wichtig«. Spätestens ab Mai werde er sich verstärkt darum kümmern.
Offenburgs Bürgermeisterin Edith Schreiner (CDU) würdigte das gestrige Treffen als positiv. Endlich sei der Fokus auf die Rheintalschiene gelegt worden.
Weniger hohe Erwartungen äußerte der Lahrer Bundestagsabgeordnete der Grünen, Alexander Bonde, in einer Mitteilung. Die Worte Oettingers kenne man, »jetzt wollen wir aber endlich auch mal Taten sehen«, schrieb Bonde, der zum Bahntreffen nicht eingeladen war.

Zurück